WEG-RECHT: Rückbau unzulässiger baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum einer Wohnungseigentumsanlage
Die Problematik unzulässiger baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum einer Wohnungseigentumsanlage hat durch die WEG-Reform 2020 eine neue rechtliche Dimension erhalten. Die neue Rechtslage nach der WEG-Reform 2020 stärkt die Position der Eigentümergemeinschaft im Umgang mit unzulässigen baulichen Veränderungen. Sie erfordert jedoch auch eine sorgfältige Abwägung und Beschlussfassung in jedem Einzelfall. Verwalter und Eigentümer müssen sich dieser neuen Verantwortung bewusst sein und ihr Handeln entsprechend anpassen. Eine gründliche rechtliche Prüfung und gegebenenfalls fachliche Beratung sind in komplexen Fällen unerlässlich, um angemessene und rechtskonforme Entscheidungen zu treffen
Grundlagen der neuen Rechtslage
Nach dem reformierten Wohnungseigentumsgesetz (WEG) bedarf jede bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum grundsätzlich einer Gestattung durch Beschluss der Eigentümerversammlung. Fehlt ein solcher Beschluss, liegt eine rechtswidrige bauliche Veränderung vor. Die wesentliche Neuerung besteht darin, dass die Individualrechte der einzelnen Eigentümer weitgehend weggefallen sind und die Verwaltungszuständigkeit nun ausschließlich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft liegt.
Rolle der Eigentümerversammlung
Nach der neuen Rechtslage muss sich zunächst die Eigentümerversammlung mit jeder einzelnen baulichen Veränderung befassen und einen Beschluss darüber fassen, wie mit der Veränderung umgegangen werden soll. Dies bedeutet, dass die Gemeinschaft nun das alleinige Recht hat, über den Umgang mit rechtswidrigen Veränderungen zu entscheiden.
Beschlussfassung und Ermessensspielraum
Die Eigentümerversammlung hat bei der Entscheidung über den Umgang mit rechtswidrigen baulichen Veränderungen einen Ermessensspielraum. Sie muss diesen Ermessensspielraum auch tatsächlich ausüben. Das bedeutet, dass nicht automatisch jede ungenehmigte Veränderung beseitigt werden muss. Vielmehr sind Faktoren wie die Schwere des Eingriffs, mögliche Folgeschäden und die Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.
Rückbauanspruch und Verjährung
Verjährungsfrist
Der Anspruch auf Rückbau einer ungenehmigten baulichen Veränderung unterliegt einer Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt mit der Kenntnis der anderen Eigentümer der Veränderung. Nach Ablauf dieser Frist kann der verantwortliche Eigentümer nicht mehr zum Rückbau auf eigene Kosten verpflichtet werden.
Folgen der Verjährung
Auch nach Eintritt der Verjährung bleibt die bauliche Veränderung rechtswidrig. Die Eigentümergemeinschaft hat weiterhin das Recht, den Rückbau vorzunehmen, allerdings auf eigene Kosten. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Gemeinschaft in solchen Fällen die Beseitigung im Bereich des Gemeinschaftseigentums selbst durchführen darf, ohne den verändernden Eigentümer auf Duldung des Rückbaus verklagen zu müssen.
Rolle des Verwalters
Der Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage spielt eine wichtige Rolle bei der Handhabung unzulässiger baulicher Veränderungen:
- Sorgfältige Prüfung: Der Verwalter muss jeden Fall sorgfältig prüfen und das Ausmaß der Veränderung sowie mögliche Folgeschäden ermitteln.
- Abstimmung in der Eigentümerversammlung: Zur Haftungsvermeidung sollte der Verwalter eine Abstimmung in der Eigentümerversammlung herbeiführen, in der die Eigentümer entscheiden, ob die Gemeinschaft gegen die Veränderung vorgeht.
- Umsetzung der Beschlüsse: Nach der Beschlussfassung ist der Verwalter für die Umsetzung der Entscheidung der Eigentümerversammlung verantwortlich.